Das Kreuz mit dem gebrochenen Kreuzbein - warum die Diagnose schwierig ist

Das Kreuzbein ist der Bereich der Wirbelsäule, der zwischen dem letzten Lendenwirbel und dem ersten Steißbeinwirbel liegt. Seine Wirbel sind – im Gegensatz zu denen der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule – unbeweglich.

Eine Fraktur am Kreuzbein wird oft übersehen und als Rückenschmerzen verkannt.

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01.06.2022 BG Unfallklinik Frankfurt am Main

Pressekontakt

Rita Krötz

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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Dazu der Wirbelsäulen-Experte Prof. Frank Kandziora. Er ist Chefarzt am Zentrum für Wirbelsäulenchirurgie und Neurotraumatologie an der BG Unfallklinik Frankfurt am Main.

Herr Prof. Kandziora, wie häufig ist ein Bruch des Kreuzbeins  und welche Altersgruppe trifft es vorwiegend?

Die Kreuzbeinfraktur hat in den letzten zehn Jahren deutlich zugenommen.

Es betrifft vor allem ältere Personen ab 60 Jahren und gipfelt bei Patientinnen und Patienten mit 80 Jahren. Ganz generell lässt sich also sagen, je älter umso wahrscheinlicher ist die Diagnose Kreuzbeinfraktur.  Denn  Menschen die an Osteoporose leiden – und das sind überwiegend ältere Personen -  brauchen gar keine Verletzung, sondern können auch spontan einen Bruch des Kreuzbeins erleiden. Das kann beim Aufstehen, beim Hinsetzen  oder gehen plötzlich passieren. Dies liegt daran, dass das Kreuzbein eine Art Abschlussstein der Wirbelsäule ist und deshalb darauf besonders viel Last liegt. Auch eine Kombination aus schlechter Knochenqualität und einem Bagatellsturzereignis kann zum Bruch  führen.

Welche Auswirkung hat die Fraktur auf die Mobilität der Betroffenen?

Es gibt unterschiedliche Formen dieses Bruches. Eine Form ist ein Bruch der nur eine Seite des Kreuzbeins betrifft. Dann sind die Patienten und Patientinnen meist noch mobil, da über die andere „gesunde Seite“ die betroffene Seite entlastet werden kann.

Wenn allerdings beide Seiten des Kreuzbeins betroffen sind, ist die Wirbelsäule quasi vom Becken abgehängt, dann ist es besonders schwierig diese Patienten und Patientinnen überhaupt zu mobilisieren. Gerade ältere und vorerkrankte Menschen benötigen erst einmal eine Ruhephase von ca. einer Woche bevor wir die Mobilisierung beginnen können.

Was ist ihre Empfehlung als Wirbelsäulen-Experte, was müssen Betroffene beachten?

Dies kommt auf die Form des Bruches an. Es gibt im Wesentlichen drei Formen. Wie eben besprochen den einseitigen bzw. den beidseitigen Bruch des Kreuzbeins. Und es gibt einen H-förmigen Bruch des Kreuzbeins. Die Einseitigen sind sehr gut und zwar in der Regel konservativ zu behandeln.

Die Beidseitigen nehmen eine Zwischenposition ein, wogegen die H-förmigen fast immer operiert werden müssen. Weil dort bildlich gesprochen die „Wirbelsäule vom Becken separiert ist“.

Dass sind dann die ganz schweren Verletzungen die wir sehen, selbst wenn sie „nur“ durch die fortschreitende Osteoporose und einen Bagatellsturz entstanden sind.

Ist ein gebrochenes Kreuzbein leicht zu diagnostizieren?

Tatsächlich nicht. Weil ältere Menschen häufiger mal Kreuzschmerzen haben und nicht jeder Kreuzschmerz ist gleich eine Fraktur des Kreuzbeins. Kreuzschmerzen können natürlich auch ganz andere ggf. banale Gründe haben. Es kann die Bandscheibe  betroffen sein oder die Wirbelgelenke. Es kann aber auch ein Hexenschuss sein, also eine Muskelverspannung. All dass äußerst sich ähnlich wie ein Kreuzbeinbruch. Typisch sind dabei Schmerzen tief unten in der Wirbelsäule, also am Übergang von der Wirbelsäule zum Becken. Diese Schmerzen sind sehr unspezifisch und können bei diversen Krankheitsbildern auftauchen.. Wenn die Schmerzen länger anhalten, kann durch eine Kernspintomografie die Fraktur gut erkannt werden. Der Gang zum  Wirbelsäulen-Spezialist ist dann zu empfehlen

Wie sieht die konservative Behandlung konkret aus?

Die konservative Therapie hat zur Aufgabe die betroffene Seite zu entlasten. Im Idealfall können hier Gehstützen eingesetzt werden. Was bei  älteren Menschen leider nicht immer so einfach ist, oft fehlt es da an der nötigen Kraft. Wenn das nicht möglich ist, können sich die Betroffenen mit einem Rollator behelfen. Wesentlich ist hier, dass die Patienten nicht zu viel Druck auf die gebrochene Seite geben. Wichtig  ist es aber auch, dass wir versuchen die Schmerzen adäquat zu behandeln und das Zentralste ist, dass wir die Knochenqualität wieder stärken, denn schließlich ist diese oft die Ursache für die Fraktur.

Ihr FAZIT?

Die Kreuzbeinfraktur ist zwar eine schwere Verletzung und doch können die meisten Fälle, mit Ausnahme der H-förmigen Brüche, konservativ behandelt werden.

Nur wenn der Patient oder die Patientin in der ersten Woche nicht mobilisiert werden kann, denken wir über eine Operation nach.

 

Das Gespräch führte Rita Krötz