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Willkommen bei Forschung kompakt

Forschung kompakt ist das neue Wissenschafts­magazin der BG Kliniken und Online-Nachfolger der Zeitschrift Trauma und Berufs­krankheit. Mit Forschung kompakt stellen wir regelmäßig wissen­schaftliche Fach­artikel unserer Kolleginnen und Kollegen an den Standorten vor und informieren über aktuelle Studien­ergebnisse der BG Kliniken und ihrer Partner. 

Unser Ziel ist ein zentrales Wissens­management für Forschungs­arbeiten der BG Kliniken im Geltungs­bereich des Sozialgesetzbuch VII. Außerdem wollen wir wissenschaftliche Fortschritte in Kompetenz­bereichen wie Unfall­chirurgie und Orthopädie, plastische, rekonstruktive, Hand- und Mikrochirurgie, Neurochirurgie, Querschnitt­lähmungen, Brand­verletzungen oder der integrierten Rehabilitation dokumentieren und mit Ihnen teilen. 

Viel Spaß also beim Lesen!

Komplikations­ärmere Wiederherstellung verletzter Handnerven

Die Verwendung von Chitosan-­Nervenröhrchen verbessert das Outcome nach mikro­chirurgischer Primärnaht sensibler Nerven der Hand

 

BG Unfallklinik Frankfurt am Main

BG Klinik Ludwigshafen

15.10.2020

F. Neubrech, M. Sauerbier, W. Moll, J. Seegmüller et al.

 

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Was bisher bekannt ist

Eine traumatische Quetschung oder Durchtrennung peripherer Nerven der Hand kann deren Funktionalität langfristig einschränken oder komplett auslöschen. Die Kontinuität traumatisch durchtrennter Nerven kann mittels moderner mikrochirurgischer Nahtverfahren wiederhergestellt werden. Eine wesentliche Komplikation ist die Bildung von Narben und schmerzhaften Neuromen (Nervenknötchen, eine unorganisierte Zusammenballung von im Rahmen des Heilungsprozesses aussprossenden Nervenenden). 

Nervenröhrchen aus Chitosan, einem künstlichen Chitinpolymer, sind bioaktive Implantate mit regenerativen Eigenschaften, welche, kurze, maximal 3 bis 4 cm lange Nervendefekte als Alternative zu einer Nerventransplantation überbrücken können, quasi als Leitplanken der biologischen Nervenheilung funktionieren und die o.g. Komplikationen verhindern helfen.

Studiendesign und Resultate

In einer randomisierten Studie in zwei BG Kliniken sollte untersucht werden, ob eine Ummantelung primär genähter sensibler Nerven der Hand mit einen Chitosan-Nervenröhrchen zu besseren funktionellen und Patienten-zentrierten Ergebnissen führen als eine primäre Nervennaht allein. Die Studie wurde im Rahmen eines Investigator Initiated Trial (IIT) mit Unterstützung des Herstellers (Reaxon Nerve GuideTM, Medovent), durchgeführt.

Von insg. 100 Verletzten erhielten je 37 per Zufall entweder ein Chitosan-Nervenröhrchen von 1 cm Länge und 2,1 mm Innendurchmesser oder eine alleinige Primärnaht. Primärer Studienendpunkt war die Fähigkeit, die Distanz zwischen zwei an der Fingerbeere angelegten statischen Punkten (2-Punkte-Diskriminierung, Double-Tip-Compass, NCD Medical) 6 Monate postoperativ zu erkennen. Sekundäre Endpunkte waren der Disability of the Arm, Shoulder and Hand Fragebogen (DASH) und die Häufigkeit von Neuromen.

Eingeschlossen wurden 55 Männer und 19 Frauen (durchschnittliches Alter 43, Spanne 19 – 67 Jahre). Der Abstand von der Läsion zur Fingerkuppe betrug durchschnittlich 46 (Spanne 10 – 110) mm in der Chitosan-Röhrchen-Gruppe und 47 (Spanne 12 – 95) mm in der ausschließlichen Nahtgruppe.

Vorteile der Chitosan-Röhrchen-Augmentation gegenüber der alleinigen Nervennaht in der 2-Punkte-Diskriminierung zeigten sich nach 6 Monaten (Mittelwertdifferenz 1,7 mm, 95% Konfidenzintervall [KI] -0,2 – 3,6 mm) und 12 Monaten (Mittelwertdifferenz 2,5 mm, 95% KI 0,1 – 4,9). Die mittleren DASH-Werte nach 6 Monaten unterschieden sich zwischen den Gruppen nicht (9,1, Spanne 0 – 47, versus 11,3, Spanne 0 – 60). In der Chitosan-Röhrchen-Gruppe traten keine, in der Kontrollgruppe drei Neurome auf (Risikodifferenz 8%, 95% KI -1 – 17%).

Bedeutung für die klinische Versorgung und Forschung an den BG Kliniken

Die Heilung sensibler Nerven der Hand wird nach Primärnaht durch die zusätzliche Ummantelung der Nahtstelle mit einem Nervenröhrchen aus Chitosan im Hinblick auf die 2-Punkte-Diskriminierung 6 und 12 Monate nach dem Indexeingriff nachweislich verbessert. Aufgrund der beobachteten Effektstärken sollte überlegt werden, die Methode als Standard in den BG Kliniken zu etablieren und gesundheitsökonomisch relevante Auswirkungen zu messen.