Falsch verbunden

Eine sehr seltene Erkrankung erzeugt gefährliche Kurzschlussverbindungen zwischen Herz und Blutgefäßen. Wird sie rechtzeitig erkannt, kann ein spezieller Katheter-Eingriff helfen.

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30.01.2025

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Robin Jopp

Stabsstelle Unternehmens­kommunikation und Marketing, Schwerpunkt Unternehmens­kommunikation
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Ein Krankheitsfall pro eine Million Menschen: So selten ist die Erkrankung, an der Raimund Holtbrinck (Name geändert) leidet. Sie heißt MAPCA und bezeichnet eine angeborene Fehlbildung der Blutgefäße, bei der sich „falsche“ Kurzschlussverbindungen zwischen der Hauptschlagader (Aorta) und den Schlagadern der Lunge (Pulmonalarterien) ausbilden. In der Fachsprache heißt sie daher „Major arterio-pulmonary congenital anomaly“.

Weil das Herz aufgrund dieser Kurzschlussverbindungen mehr pumpen muss, um den Körper mit Sauerstoff zu versorgen, führt die Erkrankung oft zu einer Erhöhung des Blutdrucks und langfristig zu einer erhöhten Belastung des Herzens. Die Folge ist eine Herzschwäche, die sich beispielsweise in Luftnot und schneller Ermüdung zeigt. Auch blaue Finger und Lippen sind häufige Symptome des Krankheitsbilds. 

Krankheit blieb lange unentdeckt

Betroffene haben diese Fehlbildung zwar von Geburt an, aber oft manifestiert sie sich erst im Laufe des Lebens. Auch bei Holtbrinck blieb die Krankheit lange unentdeckt. „Als Kind war ich zwar schlecht im Sport, weil ich nicht so belastbar war, wie andere Kinder“, erzählt er. Aber die Auswirkungen der Krankheit seien noch nicht gravierend und therapiebedürftig gewesen. Deshalb habe man auch nicht weiter nach der Ursache geforscht.

Das änderte sich im Jahr 2000: Der Patient erlitt einen Schlaganfall. Im Zuge der Untersuchungen und Behandlung fielen den Radiologen und Kardiologen seine unnormalen Gefäßbildungen an der Aorta auf. Mit konservativen Methoden versuchte das Behandlungsteam, die Herzfunktion zu stabilisieren. Doch in den folgenden Jahren wurden die Symptome immer schlimmer. Die Herzleistung ging immer weiter zurück, ebenso wie die körperliche Leistungsfähigkeit. Die konservative Behandlung war schon bald ausgeschöpft und brachte keine spürbare Verbesserung des Zustands mehr.

Dr. Christina Loberg
„Menschen, die an dieser speziellen Gefäßfehlbildung leiden, brauchen in den meisten Fällen früher oder später eine interventionelle Behandlung.“
Dr.Christina Loberg

Leitende Oberärztin des Instituts für diagnostische Radiologie, interventionelle Radiologie und Nuklearmedizin

Die „falschen“ Gefäße verschließen

„Menschen, die an dieser speziellen Gefäßfehlbildung leiden, brauchen in den meisten Fällen früher oder später eine interventionelle Behandlung“, erklärt Dr. Christina Loberg, leitende Oberärztin der Radiologie am BG Universitätsklinikum Bergmannsheil in Bochum. „Das Ziel dabei ist, die „falschen“ Gefäße zu verschließen und damit den Blutfluss darin zu unterbinden.“ Der Patient unterzog sich erstmals im Jahr 2008 in einer anderen Klinik einer solchen Prozedur. Sie geschieht im Rahmen einer Angiografie, also einer bildgebenden Untersuchung der Strukturen der Blutgefäße. Dabei wird ein Katheter in eine Schlagader der Leiste oder des Armes eingeführt und bis zum Ort der Fehlbildungen vorgeschoben. Die Prozedur erfolgt unter Gabe von Kontrastmitteln und mit Röntgenuntersuchung, sodass das Behandlungsteam die Gefäßarchitektur und die Platzierung des Katheters jederzeit am Bildschirm kontrollieren kann.

  1. Bilder Alttext

    Mit diesen winzigen Spiralen (Coils) werden die “falschen” Blutgefäße verschlossen.

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    Das Team der interventionellen Radiologie mit Prof. Dr. Jens Theysohn und Dr. Christina Loberg.

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    Mit einem dünnen Katheter werden die winzigen Metallspiralen (Coils) in die fehlerhaften Gefäße eingesetzt und somit verschlossen (Embolisation).

Eingriff schafft Entlastung für das Herz

Über den Katheter werden dann sogenannte Coils, also winzige Metallspiralen oder Klebstoffe, in die abnormen Gefäßabgänge eingebracht und freigesetzt. Diesen Vorgang nennen Experten Embolisation. Auf diese Wiese wird der Blutfluss in den „falschen“ Gefäßen blockiert. Die Folge: das Herz muss weniger pumpen, die Belastung verringert sich, sodass sich in der Regel auch die Symptome des Patienten verbessern. Nach der Prozedur, die etwa eine bis drei Stunden dauern kann und häufig in Vollnarkose durchgeführt wird, wird der Patient noch intensivmedizinisch überwacht. Sobald er auf die Normalstation verlegt werden kann, ist er in der Regel schon wieder eingeschränkt mobil und kann bald darauf entlassen werden.

„Herr Holtbrinck ist bereits mehrfach auf diese Weise therapiert worden, da bei MAPCA in aller Regel viele dieser Gefäßfehlbildungen existieren, die nicht in einer Prozedur verschlossen werden können“, sagt Dr. Loberg. „Ein großer Erfolg ist es daher, wenn wir die Zeitspanne zwischen zwei Prozeduren maximal verlängern und den betroffenen Patienten dabei möglichst viel Lebensqualität schenken können.“ Holtbrinck selbst ist guter Hoffnung: Seine letzte Intervention hat er im November des letzten Jahres hinter sich gebracht. Wieder hat es gut funktioniert: Schon nach wenigen Tagen konnte er sich selbstständig im Zimmer bewegen, seine Symptome waren im Vergleich zu seinem Zustand vorher deutlich verbessert „Gewünscht hätte ich mir, dass meine Krankheit viel früher festgestellt worden wäre, denn dann hätte auch die Behandlung eher beginnen können“, sagt er.

Behandlung nur in spezialisierten Zentren

Das Problem sei jedoch, dass die Krankheit äußerst selten sei und oft unerkannt bleiben würde, weiß Dr. Loberg: „Hinzu kommt, dass die Therapie sehr komplex und mit Risiken für den Patienten behaftet ist. Deshalb wird sie nur in sehr spezialisierten Zentren durchgeführt, wobei die Fachbereiche Radiologie und Kardiologie eng mit der hausärztlichen Betreuung verzahnt sein müssen.“ Patient Holtbrinck schaut jedenfalls wieder ein Stück weit positiver in die Zukunft. Und freut sich, dass er in deutlich besserem Zustand zu seiner Familie zurückkehren konnte. 

Fachliche Ansprechpartnerin:

Dr. Christina Loberg
Leitende Oberärztin
Institut für diagnostische Radiologie, interventionelle Radiologie und Nuklearmedizin
E-Mail: christina.loberg@bergmannsheil.de