3D Navigation bei gering dislozierten Acetabulumfrakturen

Kein eindeutiger Vorteil gegenüber der Standard-Fluoroskopie

 

BG Klinik Ludwigshafen

01.03.2023

B. Swartman, J. Pelzer, N. Beisemann, M. Schnetzke et al.

doi: 10.1007/s00402-020-03502-7.

 

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Was bisher bekannt ist

Navigationsanwendungen in Orthopädie und Unfallchirurgie haben sich in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt und in der klinischen Praxis etabliert. Ob ihr Einsatz die Qualität der Behandlung und patientenzentrierte Outcomes verbessert, ist in vielen klinischen Szenarien noch unklar. Insbesondere bei chirurgischen Grenzindikationen muss der Zusatznutzen der Technologie nachgewiesen werden. Diese Studie vergleicht die 3D-navigierte mit einer konventionellen Bildwandler-kontrollierten perkutanen Schraubenfixation von gering dislozierten Acetabulumfrakturen.
Die Hypothese der Studie lautete, dass mit der 3D-Navigation eine bessere Frakturreposition und Schraubenlage im Vergleich zum etablierten chirurgischen Standard erreicht werden kann.

Studiendesign und Resultate

Im Zeitraum von 2001 bis 2015 wurden in der BG Klinik Ludwigshafen 802 Betroffene mit Acetabulumfrakturen behandelt, von welchen 313 nicht-operativ, 436 offen-chirurgisch und 52 mittels perkutaner Schraubenosteosynthese therapiert wurden. In der letztgenannten Gruppe fehlten Informationen von 15 Patientinnen und Patienten. Von 37 Verletzten wurden 24 und 13 mit und ohne 3D-Navigation operiert. Es handelte sich um 32 Männer und 5 Frauen mit einem medianen Alter von 53 (Spanne, 18 – 80) Jahren. Unterschiede in den prä- und postoperativen Frakturspalten und -stufen wurden in allen Rekonstruktionsebenen verglichen, ebenso wie die Schraubenposition relativ zum Gelenk- und Frakturspalt. Sowohl die konventionelle als auch die 3D-navigierte Schraubenosteosynthese führten zu einer deutlichen Verbesserung der Anatomie. Zwischen den Verfahren konnte kein klinisch relevanter (ausgedrückt als standardisierte Mittelwertdifferenz, SMD) oder statistisch signifikanter Unterschied in Absolutwerten wie mm oder Winkelgrad (gemessen als gewichtete Mittelwertdifferenz, WMD) beobachtet werden

Bedeutung für die klinische Versorgung und Forschung in den BG Kliniken

Die meisten BG-Kliniken halten eine intraoperative 3D-Navigation für verschiedene Indikationen vor. Die Technologie bietet Vor- und Nachteile in Abhängigkeit von der Expertise und Präferenz einzelner Chirurginnen und Chirurgen. Die Ergebnisse dieser Studie erlauben keine klare Empfehlung zugunsten der navigierten Technik bei der perkutanen Schraubenosteosynthese von gering dislozierten Acetabulumfrakturen. Der Operateurin oder dem steht es somit frei, in diesen Fällen die jeweils vertrautere Methode zu wählen.
Aufgrund therapeutischer Unsicherheit (Equipoise) besteht die Notwendigkeit und ethische Grundlage zur Durchführung einer randomisierten kontrollierten Studie, um den Nutzen der 3D-Navigation im Vergleich zur Standard-Fluoroskopie zu evaluieren. Hierbei müssen neben mechanistischen Surrogatparametern Indikatoren der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und Funktion erhoben werden.