Ergebnisqualität nach Osteosynthese von Fersenbeinfrakturen

Abhängigkeit von chirurgischer Expertise

 

BG Unfallklinik Frankfurt am Main

10.08.2022

S. Fischer, M. Meinert, O. Neun, C. Colcuc et al.

doi: 10.1007/s00402-020-03649-3

 

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Was bisher bekannt ist

Fersenbeinfrakturen stellen zwischen 60 und 75 % aller Frakturen des Fußskeletts und, aufgrund ihrer anatomischen Komplexität, eine chirurgische Herausforderung dar. Die stufen- und spaltfreie Rekonstruktion der Gelenkflächen ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Rehabilitation, Wie-dererlangung der körperlichen Belastungsfähigkeit und Vermeidung einer post-traumatischen Arthrose. Chirurgische Expertise (d.h., eine hohe Fallzahl ausgeführter Prozeduren pro Ärztin oder Arzt sowie Klinik) ist eine bekannte und wichtige Determinante einer überdurchschnittlichen Endoprothetik, Ergebnisqualität in der onkologischen Chirurgie usw. Ziel dieser Studie war es, den Einfluss der operativen Erfahrung auf patientenrelevante Endpunkte nach osteosynthetischer Versorgung von intraartikulären Fersenbeinfrakturen zu untersuchen.

Studiendesign und Resultate

Zwischen 2014 und 2017 wurden in der BG Unfallklinik Frankfurt am Main 192 intraartikuläre Fersenbeinfrakturen mittels winkelstabiler Plattenosteosynthese über einen erweiterten lateralen Zugang versorgt. Für diese retrospektive Studie geeignet waren 86 Betroffene mit 94 Frakturen, welche nach drei Jahren nachuntersucht werden konnten. Das mittlere Alter betrug 51 (Spanne 22 – 76) Jahre, das Geschlechterverhältnis 80 % Männer zu 20 % Frauen. Alle Eingriffe wurden von zwei Operateuren mit weniger als 10 (insgesamt 34), zwei weiteren mit mehr als 10 Fersenbeinosteosynthesen pro Jahr (insgesamt 60) durchgeführt.
Anlässlich der klinischen Nachuntersuchung wurden der AOFAS (American Orthopaedic Foot & Ankle Society) Score, der Kieler Calcaneus-Score und die Visuelle Analogskala für Fuß und Sprunggelenk (Visual Analogue Scale Foot and Ankle) erhoben. Das demographische Basisprofil war insgesamt ausgeglichen. Weniger erfahrene Operateure versorgten einen höheren Anteil von AO / OTA C3-Frakturen.
Die Mittelwertdifferenz im AOFAS-Score betrug 9,0 (95 % KI0,9 bis 17,1) zugunsten von Operateuren mit größerer chirurgischer Expertise. Die standardisierte Mittelwertdifferenz (bzw. Effektstärke) war mit 0,50 moderat. Ähnliche Ergebnisse ergaben sich für alle anderen Instrumente. Die Differenz im post-operativen Böhler-Winkel betrug 3,0° (95 % KI -0,7 bis 6,7°). Erfahrenere Operateure boten im Durchschnitt eine um 14 Minuten (95 % KI -1 bis 28 Minuten) kürzere OP-Dauer. Insgesamt wurden fünf chirurgische Komplikationen beobachtet, wobei vier von fünf auf die Gruppe der weniger erfahrenen Chirurginnen und Chirurgen entfielen. Eine subtalare Arthrodese wurde im Verlauf in 2 / 34 (6 %) und 4 / 60 (7 %) Fällen erforderlich (Odds Ratio 0,88, 95 % KI 0,00 bis 4,37, p=0,881).
 

Bedeutung für die klinische Versorgung und Forschung in den BG Kliniken

Die Ergebnisse der vorliegenden unizentrischen Studie deuten darauf hin, dass die individuelle chirurgische Expertise Einfluss auf die funktionellen Ergebnisse nach Osteosynthese gelenkbeteiligender Fersenbeinfrakturen nehmen könnte. Da diese Fraktur keine Fehler oder Mängel in der Reposition und anatomischen Wiederherstellung der Gelenkflächen verzeiht, muss sichergestellt werden, dass der Eingriff durch einen erfahrenen Operateur, eine erfahrene Operateurin oder zumindest unter deren Supervision an einem ausgewiesenen Zentrum mit hoher Fallzahl erfolgt. Eine ausreichende Anzahl von Osteosynthesen von Fersenbeinfrakturen ist für den OP-Katalog und die Weiterbildung zum Facharzt oder zur Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie unerlässlich. Strukturierte Trainingsprogramme können mit Hilfe standardisierter humaner Frakturmodelle sinnvoll ergänzt werden. Eine multizentrische Bestätigung der hier präsentierten Daten mit multivariater Adjustierung für die Frakturschwere sollte angestrebt werden.