Ultradünne Silber-Platin-Nanoflecken gegen Bakterien

Eine innovative, effektive antimikrobielle Implantat-Beschichtung

 

BG Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum

01.03.2021

A. Abuayyash, N. Ziegler, H Meyer, M. Meischein et al.

 

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Was bisher bekannt ist

Metallische Implantate zur Frakturstabilisierung und künstliche Gelenke bergen das Risiko einer bakteriellen Biofilmbildung und Infektion, welche zu den schwersten Komplikationen in Orthopädie und Unfallchirurgie gehören. Die Biomaterialforschung konzentriert sich u.a. auf die Entwicklung von Implantaten mit antibakteriellen Eigenschaften. Mögliche Ansätze sind die Änderung der Oberflächenstruktur oder die Beschichtung mit antiseptischen oder antibakteriellen Substanzen. 
Silber-Ionen (Ag+) hemmen dosisabhängig bakterielle Stoffwechselprozesse. In Kombination mit Platin wird der Effekt verstärkt: Silber setzt als „unedleres“ Metall in einer elektrolytischen Umgebung Silberionen frei, es „opfert sich“ zugunsten des Platins. Daher bezeichnet man diesen Vorgang als „Opferanoden-Prinzip“. Die Kombination von Silber und Platin könnte bei hoher Proteinkonzentration eine stärkere und längere antimikrobielle Wirkung als eine reine Silberbeschichtung zeigen, z.B. auf Titanoberflächen. 

Studiendesign und Resultate

Die Herausforderung des aktuellen Forschungsvorhabens war es, die Opferanoden-Beschichtung von Mikro- auf Nanostrukturen zu verkleinern. Ziel war es, die Beschichtung möglichst dünn aufzutragen. Dies gelang mit Hilfe der sog. Magnetron-Sputter-Technologie. Die Beschichtung wird hierzu in einem Hochvakuum in eine Gasphase überführt und durch eine gerichtete Hochspannung auf das Ziel gesprüht. Das Resultat sind fleckige Ablagerungen in ultrakleinen Abmessungen von wenigen Nanometern („Nano-Patches“), welche erst mittels Transmissions-Elektronen-Mikroskopie erkennbar sind. Die antibakterielle Aktivität der Opferanoden-Nano-Flecken wurde gegen Staphylokokkus aureus getestet, dem häufigsten Erreger Implantat-assoziierter Infektionen. Nur die Silber-Platin-Nanoflecken-Kombination führte zu einer vollständigen Keimeliminierung. Eine reine Beschichtung mit Silber oder Platin war unzureichend wirksam. Die antibakterielle Wirkung hing zudem von der Reihenfolge der Auftragung ab: nur eine konsekutive Auftragung von zuerst Platin, dann Silber, führte zur gewünschten Wirkung- eine gleichzeitige Applikation erwies sich als unwirksam.

Nach einer Inkubation über drei Tage in biologischer Flüssigkeit waren die Silber-Nano-Flecken aufgelöst. Anschließend ließen sich die Probekörper wieder mit humanen Zellen besiedeln- verbliebene Platin-Nano-Flecken hatten also keine negativen Auswirkungen auf das menschliche Gewebe.


Bedeutung für die klinische Versorgung und Forschung an den BG Kliniken

Die Silber-Platin-Nanoflecken-Beschichtung metallischer Implantate zeigt eine gegenüber einer alleinigen Silberbeschichtung und einer simultanen Silber-Platin-Beschichtung eine deutlich ausgeprägtere antibakterielle Aktivität. Durch geringe Edelmetallmengen, welche in der Reihenfolge Platin – Silber mittels Sputtertechnologie auf Implantatoberflächen aufgebracht werden, greift das keimtötende Opferanoden-Prinzip. Die geringen Metallkonzentrationen scheinen zudem nicht toxisch zu sein und die biologische Zellbesiedlung nicht zu verhindern. Das Opferanoden-Prinzip könnte die verschiedenen Ansätze zur Gestaltung antibakterieller Implantatoberflächen sinnvoll ergänzen.