
Biomechanische Forschung
Die experimentelle Forschung im Institut für Biomechanik umfasst ein weites Feld experimenteller und numerischer Methoden zur Untersuchung von technischen Produkten, biologischen Geweben bis hin zum individuellen Patienten.
Um den Anforderungen von klinisch relevanter Forschung im Bereich Unfallchirurgie und Orthopädie gerecht zu werden, hat das Institut für Biomechanik ein breites Spektrum experimenteller Forschungsmethoden aufgebaut. Auf einer Laborfläche von fast 1000 m2 betreiben wir biomechanische Werkstoffprüfung, numerische Simulation, Gang- und Bewegungsanalyse sowie zell-, mikro- und molekularbiologische Untersuchungen. In diesen Bereichen arbeiten Ärzte, Biologen, Maschinenbauer, Physiker und Sportwissenschaftler Hand in Hand, um wissenschaftliche Fragen zu muskuloskelettalen Erkrankungen zu bearbeiten und zu beantworten.
Studenten aus den verschiedensten Fachbereichen können am Institut für Biomechanik ihre Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten durchführen. Sie finden eine ausgezeichnete Forschungsumgebung vor und profitieren von kompetenter Betreuung und vielfältigen universitären Angeboten. Bewerbungen richten Sie bitte direkt als Initiativbewerbung an unsere Abteilung für Personalgewinnung.
Unsere Fachbereiche stellen sich vor
Der Fachbereich Mechanische Prüfung am Institut für Biomechanik beschäftigt sich mit der Prüfung von medizinischen Implantaten für Osteosynthesen und deren Prototypen sowie Untersuchungen an biologischen Geweben, insbesondere Knochen, Knorpel und Sehnen.
Die Ausstattung der Laborräume erlaubt die Durchführung dynamischer und statischer Prüfungen an insgesamt vier verschiedenen Materialprüfmaschinen. Diese decken einen weiten Bereich von Kräften und Belastungsarten (Zug, Druck, Torsion, Biegung) ab. Die für die spezifischen Prüfungen notwendigen Versuchsaufbauten werden entsprechend den Anforderungen der physiologischen Belastungssituation individuell entworfen und in unserer Werkstatt gefertigt oder im additiven 3D-Verfahren gedruckt. Die fachgerechte Implantation wird von erfahrenen Unfallchirurgen durchgeführt. Hierfür stehen ein Präparierraum mit C-Bogen, Arthroskopieturm und entsprechendes Operationsinstrumentarium zur Verfügung.
Ziel computergestützter, numerischer Simulationen ist, die möglichst genaue Abbildung der Realität am Computer, um biomechanische Vorgänge besser verstehen oder voraussagen zu können. Verschiedene Simulationsmethoden dienen uns zur Berechnung von Muskel- und Trägheitskräften und den daraus resultierenden mechanischen Belastungen für Knochen, Gelenke und eventuell einliegenden Implantaten.
Im Arbeitsbereich bestehen weitreichende Erfahrungen in der computergestützte Modellbildung und Untersuchung des Knochen-Implantat-Verbunds sowie des muskuloskelettalen Gesamtsystems. Großer Wert wird dabei auf die Verifizierung und Validierung der Simulationsmodelle gelegt, die in enger Abstimmung mit den Arbeitsbereichen Mechanische Prüfung und Bewegungsanalyse erfolgen. Die Ergebnisse einer Simulation liefern damit wichtige Erkenntnisse zur Erforschung von muskuloskelettalen Erkrankungen und zur Untersuchung der Wirksamkeit von Implantat-Systemen.
Das Gang- und Bewegungsanalyselabor ist mit modernster Messtechnik ausgestattet. Diese ermöglicht es uns, dreidimensionale Ganganalysen, plantare Druckverteilungsmessungen und auch synchrone elektromyographische Untersuchungen an unseren Patienten durchzuführen. Neben der Beantwortung von Fragen der biomechanischen Forschung nutzen wir die Bewegungsanalyse auch für Diagnostik und Therapieplanung bei Patienten mit Bewegungseinschränkungen. Typische Anwendungsfelder sind:
- Inkomplettes Querschnittsyndrom
- Neurologisch bedingte Gangstörungen
- Postoperative Bewegungseinschränkungen
- Technische Orthopädie (Hilfsmittelversorgung)
Das Biologische Labor umfasst einen histologischen sowie einen zell-, mikro- und molekularbiologischen Arbeitsbereich. Dieses vielfältige biologische Spektrum ermöglicht es, humanes Gewebe bis auf Zellebene zu untersuchen. Die mikrobiologischen Analysen fokussieren sich auf die Untersuchung von Biofilmen auf Implantatoberflächen wie Osteosynthesematerial oder Prothesen. Der Biologische Arbeitsbereich arbeitet sehr eng mit hausinternen klinischen Abteilungen und verschiedensten chirurgischen Fachgebieten zusammen, was den Vorteil eines direkten Transports von Probenmaterial, welches von Patienten im OP gewonnen wird, ins Forschungslabor ermöglicht. Ziel der Forschungsprojekte des Biologischen Labors ist die Optimierung von muskuloskelettalen Therapieansätzen.
Unsere aktuellen Projekte
Die sicherer mechanische Stabilisierung von Brüchen des Schenkelhalses stellt immer noch eine Herausforderung dar. Für die Entwicklung neuer Implantate sind umfangreicher biomechanische Untersuchungen notwendig. Auf diesem Weg konnten spezielle Implantate entwickelt werden, die eine winkelstabile Befestigung der Schrauben sicherstellen. Diese sind in der Lage selbst bei besonders instabilen Brüchen eine ausreichend hohe mechanische Stabilität zu gewährleisten.
In der biomechanischen Forschung besteht der Bedarf an künstlichen Werkstoffen, welche die Eigenschaften von biologischem Material möglichst gut imitieren können. Unsere Forschungsgruppe hat bereits für vielfältige Anwendungen künstliche Werkstoffe entwickelt und in umfangreichen Prüfverfahren erprobt. Schäume aus Polyurethan, die mit verschiedenen Anteilen an Mineralien versetzt werden, sind hervorragend geeignet um die mechanischen Eigenschaften von spongiösem Knochen nachzustellen.
Schräg verlaufende Brüche des Schienbeins sind biomechanisch besonders anspruchsvoll, da sich die Fragmente unter Belastung leicht gegeneinander verschieben können. Eine herkömmliche Plattenosteosynthese bietet hier oft nur begrenzte Stabilität. Unsere Untersuchungen zeigen, dass eine ergänzende Kabelcerclage – eine um den Knochen gelegte Drahtschlinge – die Konstruktion deutlich verstärkt. In einem realitätsnahen Laboraufbau reduzierte die zusätzliche Cerclage die Bewegung im Frakturspalt spürbar, ohne sich zu lockern oder die Knochenoberfläche zu schädigen. Diese kombinierte Fixation kann die Belastbarkeit der Versorgung verbessern und schafft günstigere Bedingungen für eine zuverlässige Knochenheilung.
https://link.springer.com/article/10.1007/s00068-025-02894-8
Für die biomechanische Prüfung von Implantaten werden üblicherweise Knochenmodelle mit glatten Sägeschnitten verwendet. Solche vereinfachten Osteotomien bilden jedoch die komplexe Form echter Brüche nur unzureichend ab. Unsere Arbeitsgruppe hat deshalb patientenspezifische Femurmodelle mit realer, aus CT-Daten abgeleiteter Frakturgeometrie entwickelt. Im biomechanischen Vergleich zeigten diese Modelle eine höhere Torsionssteifigkeit und geringere Fragmentbewegung als klassische Sägeschnitt-Modelle. Damit lässt sich das Verhalten von Osteosynthesen unter klinisch realistischen Bedingungen deutlich besser nachbilden und die Übertragbarkeit biomechanischer Ergebnisse in die Praxis verbessern.
https://link.springer.com/article/10.1007/s00068-025-02802-0
Ein unfallbedingter Riss der Achillessehne geht häufig mit deutlichen Einschränkungen der Bewegung und Gangfunktion einher. Die zugrundlegenden biomechanischen Mechanismen zur Sehnenanpassung nach operativer Versorgung des Patienten sind dabei wenig erforscht. Mit modernen Methoden aus der markergestützten Bewegungsanalyse und bildgebenden Ultraschall sollen die funktionellen Eigenschaften der Achillessehne über einen Heilungsverlauf von bis zu einem Jahr postoperativ untersucht werden. Klinisch soll dadurch ein Beitrag zu den grundlegenden Anpassungsmechanismen nach Achillessehnenruptur geleistet werden, um die therapeutische Nachbehandlung und Diagnostik zu unterstützen.
Link: Mehr erfahren -> https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/552605231
Die Behandlung hochgradiger Arthrosen im oberen Sprunggelenk erfolgt zumeist mittels einer Versteifung (Arthrodese) des Gelenkes, sobald die konservativen Methoden ausgeschöpft sind. Forschungszweck dieser prospektiven Studie ist es den Ist-Zustand der PatientInnen vor einer Versteifungsoperation zu erfassen, sowie das Outcome nach einer Arthrodese des oberen Sprunggelenks zu standardisierten Zeitpunkten zu evaluieren. Zum Einsatz kommen hierbei insbesondere die markerbasierte Ganganalyse, die Pedobarographie, sowie verschiedene validierte Scores.
https://www.dguv.de/ifa/forschung/projektverzeichnis/ff-fr0332.jsp
Aus unserem Ratgeber

Mit einer Roboterhand zurück ins Leben
Eine Patientin des BG Klinikums Duisburg mit Handprothese arbeitet wieder als OP-Schwester.
Ein Tag auf der Station für Kindertraumatologie
Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Die Sektion für Kindertraumatologie der BG Unfallklinik Murnau ist auf die Akutversorgung, Pflege und Therapie von Kindern und Jugendlichen spezialisiert.
Daumen hoch! Der zweite Zeh wird’s schon richten
Mit der Transplantation einer Zehe ermöglichte die Abteilung für Plastische, Hand- und Rekonstruktive Mikrochirurgie der BG Unfallklinik Frankfurt einem jungen Patienten die Rückkehr in den Beruf.