11. Murnauer Intensivpflegetag: Die Intensivmedizin hält die Patienten am Leben, aber das soziale Netzwerk hält sie im Leben!

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29.09.2021 BG Unfallklinik Murnau

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Julia Nagl

Leitung Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation
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Es gibt das afrikanische Sprichwort, dass es ein ganzes Dorf brauche, um ein Kind groß zu ziehen. Im Fall von Melissa Niederwanger brauchte es eine Armada von über 100 Ärzten, Pflegekräften und Therapeuten, um diese junge Frau zu retten, die nach einem schweren Autounfall im Juni 2018 mit einem Polytrauma und denkbar schlechten Überlebenschancen in die BG Unfallklinik Murnau eingeliefert wurde.
Als der behandelnde Chirurg Dr. Michael Lang ihre damaligen Vitalwerte und die Erstdiagnose nach Einlieferung vorstellte, wurde es still im großen Hörsaal beim 11. Murnauer Intensivpflegetag 2021. „Wunder gibt es immer wieder – und eines davon sitzt heute hier!“, so Dr. Lang. 
Ein bewegendes Schicksal, eine starke junge Frau, eine alles gebende und über ihre Grenzen hinauswachsende Mutter – das war selbst für erfahrene Intensivpflegekräfte ein bewegender Vortrag und Austausch. 
Und genau darum ging es beim Intensivpflegetag, der dieses Jahr wieder in Präsenz stattfinden konnte: miteinander zu reden, voneinander zu lernen, neue Impulse zu bekommen und sich von den spannenden Vorträgen für den eigenen Arbeitsalltag inspirieren zu lassen!

Die einzelnen Themen des Tagesprogramms spiegelten die hohe Anforderung an die pflegerische Kompetenz wider. Motiviertes, flexibles und manchmal auch kreatives  Personal ist hierfür auf allen Ebenen Grundvoraussetzung. Diesen Anforderungen können Pflegekräfte nur gerecht werden, wenn neben der fundierten Aus- und Weiterbildung eine regelmäßige Fortbildung wahrgenommen wird, wozu der Murnauer Intensivpflegetag einen entscheidenden Beitrag leistet. 

Initiiert wurde er bereits 2010 im Rahmen einer Fachweiterbildung von den Intensivpflegerinnen Barbara Moritz, Christl Gampert und Roswitha Klügl – also von Pflegekräften für Pflegekräfte! Die Vorträge und Themen sind immer am Puls der Zeit und mit dem Fokus auf praktische und berufsnahe Herausforderungen. 

Dieses Jahr ging es anfangs um Gewalt in der Pflege, ein aufrüttelnder Vortrag, der von Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Osterbrink von der Universität Salzburg gehalten wurde. Dass diese Gewalt nicht rein physischer Natur sein muss, sondern auch psychischer Art sein kann, dass sie von der abschätzigen Bemerkung bis zum Essensentzug reicht, hat er eindrucksvoll referiert. Es gehe vor allem darum, ein Gespür dafür zu bekommen, wo Gewalt in der Pflege beginnt und nicht nur bei sich selbst, sondern auch aufmerksam im Kollegenkreis hinzuschauen, um gegebenenfalls einzugreifen.  

Auch der zweite Vortrag des Tages beschäftigte sich damit, seinen Berufsalltag proaktiv und positiv zu gestalten: Der Leiter des Bildungszentrums, Wendelin Herbrand, rief die Intensivpflegekräfte dazu auf, Freude am Beruf zu suchen, denn „Denken nach rückwärts bringt niemanden vorwärts!“ Dazu gehöre Mut, Aktionismus und auch eine Portion Humor. „Love it. Change it. Or leave it!“ – wer immer nur jammert und das Schlechte sieht, zieht nicht nur sich selbst, sondern auch andere in die Abwärtsspirale und das negative Gedankenkarussel. Es gehe aber darum, „sein eigenes Mindset auf „positiv“ zu stellen“, eine Vision und den Mut zu haben, störende Dinge anzusprechen und zu ändern, statt nur damit zu hadern und zu jammern. 
Denn positive Gedanken ziehen positive Handlungen nach sich und inspirieren wiederum andere, wie auch der Teilnehmer Lucas Sälzle vom Hubschrauber-Rettungsdienst Großhadern sagte: „Seid ein Leuchtturm für andere, denn wir haben den schönsten Beruf der Welt!“ 

Auch Melissa Niederwanger betonte in der folgenden Podiumsdiskussion, wie sehr ihr nicht nur die Ärzte, sondern vor allem die Pflegekräfte in ihrer monatelangen Genesung geholfen haben: Schon vermeintliche Kleinigkeiten wie eine Umarmung, ein ruhiges Gespräch, aufmunternde Worte, die richtige Musik hätten ihr so viel gegeben, wenn sie manchmal am Verzweifeln war. „In Murnau wüsste ich nichts, was ich am Pflegepersonal verbessern würde!“
Auch ihre Eltern, Daliborka und Günther Niederwanger, betonen nicht nur die herausragende fachliche Kompetenz, sondern auch die extrem herzliche und aufbauende Atmosphäre des Ärzte- und Pflegepersonals „Die Ärzte haben unserem Kind in elf Operationen das Leben gerettet. Sie haben sie ins Leben zurückgebracht und damit werden sie für immer Teil unserer Familie sein.“ Aber es sei nicht nur das große Ganze, sondern auch Kleinigkeiten, wie beispielsweise ein Shampoo oder eine mitgebrachte CD mit Melissas Lieblingsmusik, dass immer auch außerhalb der medizinischen Versorgung etwas Gutes getan wurde. Das sei „Medizin und Pflege mit Herz!“ 

Und auch diese Podiumsdiskussion traf mitten ins Herz der Teilnehmer und erinnerte daran, dass nicht nur die medizinische Komponente für die Genesung wichtig ist, sondern auch die soziale, der Beziehungsaufbau. Die Intensivmedizin hält die Patienten am Leben, aber das soziale Netzwerk hält sie im Leben. 

Beim abschließenden Umtrunk auf der Dachterrasse mit Blick auf die Berge konnte man dann auch in viele strahlende und inspirierte Gesichter blicken. „Ein voller Erfolg!“, wie das Organisationsteam Barbara Moritz, Christl Gamperl und Roswitha Klügl bestätigt: „Gerade in heutigen Zeiten, in denen Pflegenden immens viel abverlangt wird, ist der Wissens- und Erfahrungsaustausch von höchster Bedeutung! Wir freuen uns jetzt schon auf nächstes Jahr!“