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Anakinra

Eine überschießende Immunantwort („Zytokinsturm“) stellt aufgrund der Schädigung sogenannter „Schock-Organe“ wie der Lunge eine therapeutisch schwer beherrschbare Komplikation dar. Pharmaka, die die Rezeptoren für körpereigene Botenstoffe wie Zytokine blockieren, könnten die negativen Auswirkungen einer ansonsten gewünschten Immunreaktion mildern.

Anakinra ist ein sogenannter humaner Interleukin-1-Rezeptorantagonist, der die Auswirkungen des bei bestimmten Autoimmun- und rheumatologischen Erkrankungen vermehrt ausgeschütteten, körpereigenen Entzündungsverstärkers Interleukin-1 abschwächen kann. Wenn dieser Mechanismus bei akutem Gelenkrheumatismus mit Fieber, Schwellung, Rötung, Entzündung, Funktionseinschränkung usw. wirkt, könnte dies auch für eine überschießende Immunreaktion bei COVID-19 gelten. 

Im San Raffaele Hospital, Mailand, Italien, einem überregionalen Zuweisungszentrum für COVID-19-Fälle, wurden zwischen dem 10. und 17. März 2020 16 Patientinnen und Patienten (14 Männer, 2 Frauen, medianes Alter 70 [64 – 78] Jahre) mit COVID-19-bedingtem akuten Lungenversagen (ARDS) und Zeichen einer überschießenden Entzündungsreaktion (Hyperinflammation) stationär mit etablierten Standards behandelt (siehe The Lancet).

Zwischen dem 17. und 27. März 2020 erhielten 29 Patientinnen und Patienten (24 Männer, 5 Frauen, medianes Alter 62 [55 – 71] Jahre) mit gleichen Charakteristika eine intravenöse Hochdosistherapie mit Anakinra (10 mg / kg täglich). Allen Teilnehmern wurde zusätzlich Lopinavir-Ritonavir sowie Hydroxychloroquin verabreicht. 

Nach 21 Tagen betrugen die Überlebensraten im Anakinra- und der Kontrollgruppe 26 von 29 bzw. 9 von 16.
 
Würde man die Studie unter den gleichen Bedingungen einhundertmal wiederholen, wäre die Sterblichkeit unter Anakinra in 95 Wiederholungen zwischen 7 und 60% geringer als in der Kontrollgruppe ohne Anakinra. 

Die Fallzahl dieser Untersuchung war jedoch sehr klein und erlaubte auch keine statistische Korrektur für Unterschiede in den Ausgangsrisiken. 
 

Fazit


Antirheumatisch-antientzündlich wirkende Rezeptorenblocker körpereigener Botenstoffe könnten deren organschädigende überschießende Immunreaktion mildern und in der intensivmedizinischen Therapie schwerer COVID-19-Verläufe nutzbringend sein. Dies muss jedoch durch randomisierte Studien mit ausreichenden Gruppengrößen bestätigt werden.

Stand: 15.05.2020