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Ansteckungsrisiko bei Abstand und Tragen von Mund-Nase-Bedeckung

Eine im Auftrag der Welt­gesund­heits­organisation durchgeführte systematische Literatur­recherche und Meta-Analyse unterstreicht die Wirksamkeit von Abstand sowie des Tragens einer Mund-Nase-Bedeckung zur Reduktion des Risikos einer Ansteckung mit SARS-CoV-2.

Das COVID-19 Systematic Urgent Review Group Effort (SURGE)-Kooperationsvorhaben um den klinischen Epidemiologen Holger Schünemann der McMaster University, Hamilton, Kanada, im Auftrag der WHO untersuchte den protektiven Effekt räumlicher Distanz, von Mund-Nase-Bedeckungen und eines Augenschutzes zur Minimierung der Virusausbreitung und Eindämmung der Pandemie.

Die Autoren führten eine systematische Literaturrecherche in zahlreichen Datenbanken im Einklang mit den strikten Kriterien der Cochrane-Collaboration und weiteren internationalen methodischen Empfehlungen zur qualitativen und quantitativen Berichterstattung durch. Die Informationen wurden mit etablierten statistischen Verfahren (Meta-Analyse) zusammengefasst. Aufgrund der noch eingeschränkten SARS-CoV-2-spezifischen Datenlage wurden auch Ergebnisse aus den vergangenen SARS- und MERS-Pandemien herangezogen. An dieser Stelle sollen die mit dem aktuellen Erreger verbundenen Resultate gesondert hervorgehoben werden.

Aus einem Pool von 20.013 Zitaten wurden 604 Volltextartikel im Detail gesichtet, 172 flossen in eine qualitative Übersicht, 44 in die quantitative Meta-Analyse ein.

Es wurden – nicht überraschend – lediglich epidemiologische Untersuchungen, keine klinisch-experimentellen (randomisierten) Studien identifiziert.


Auf der Basis von 29 Studien mit 10.736 Probandinnen und Probanden und insgesamt 808 Infektionen wurde durch einen räumlichen Abstand von ≥1,0 m im Vergleich zu <1,0 m das relative Risiko für eine Infektion um 70% (Risk Ratio [RR] 0,30, 95% Konfidenzintervall [KI] 0,20-0,44), das absolute Risiko um 10% (95% KI 8-12%) gesenkt. Betrachtet man lediglich die sieben Untersuchungen (vier aus den USA, zwei aus China, eine aus Taiwan) zu SARS-CoV-2 mit 477 Probandinnen und Probanden und 31 Infektionen betrug die relative Risikoreduktion 85% (RR 0,15, 95% KI 0,03-0,73), die absolute 21% (95% KI 4-37%).


29 Studien mit 10.170 Teilnehmern und 709 Infektionen untersuchten den Schutzeffekt von Mund-Nase-Bedeckungen. Die relative Risikoreduktion wurde auf 67% (RR 0,34, 95% KI 0,26-0,45), die absolute auf 14% (95% KI 11-16%) geschätzt. Der weitaus größte Teil der Untersuchungen (26 / 29) wurde im Gesund­heits­sektor (insbesondere in Kliniken) durchgeführt, so dass dieser Effekt nicht unbedingt auf das soziale Alltagsleben übertragen werden kann. Auch bezogen sich lediglich vier Studien mit 5.929 Teilnehmern und 133 Infektions­ereignissen auf COVID-19. Die aus den Angaben im Originalartikel für dieses spezielle Szenario abgeleiteten und nachberechneten Ergebnisse (statistisches Modell mit Zufallseffekten) legen eine relative Risikoreduktion von 97% (RR 0,03, 95% KI 0,01-0,12), aufgrund der nur wenigen Infektionsfälle eine absolute Reduktion von jedoch nur 4% (95% KI 0-7%) nahe.

Grafik zur Wirksamkeit von Abstand sowie des Tragens einer Mund-Nase-Bedeckung zur Reduktion des Risikos einer Ansteckung mit SARS-CoV-2

Abbildung 1

Ein Augenschutz reduzierte in 13 Studien mit 3.713 und 445 Ereignissen das relative Risiko für eine Infektion um 66% (RR 0,34, 95% KI 0,22-0,52), das absolute um 11% (95% KI 8-13%). Bezüglich der aktuellen Pandemie wurde lediglich eine Untersuchung mit 76 Teilnehmern ohne beobachtete SARS-CoV-2-Infektion identifiziert.

Fazit

Obwohl keine randomisierten Studien existieren (und sicher auch zukünftig nicht durchgeführt werden bzw. durchgeführt werden können), legen die besten verfügbaren wissenschaftlichen Daten bedeutsame, nicht mit dem Zufall vereinbare Schutzeffekte eines Mindest­abstandes von >1 m sowie von Mund-Nase-Bedeckungen gegen SARS-CoV-2 nahe.

Stand: 05.06.2020