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Neue Studie zum Nutzen von Konvaleszenten­plasma

Eine neue Studie der Johns Hopkins University untersuchte den Nutzen einer Konvaleszentenplasma-Transfusion bei ambulanten COVID-19-Erkrankten.

 

 

 

Analog zu Remdesivir wurde bei schweren COVID-19-Verläufen viel Hoffnung in die Behandlung mit Konvaleszentenplasma gelegt, die jedoch in mehreren randomisierten Studien nicht erfüllt wurde. Die aktuelle „living guideline“ der WHO (The bmj) spricht sich (ebenso wie bei Remdesivir) gegen dessen Anwendung aus. Dennoch wird dieser attraktive therapeutische Ansatz aufgrund seines plausiblen biologischen Wirkmechanismus, der vergleichsweise geringen direkten Kosten und globaler Verfügbarkeit unverändert wissenschaftlich untersucht. 

Beim Convalescent Plasma to Limit SARS-CoV-2 Associated Complications (CSSC-004, NCT04373460)-Vorhaben handelte es sich um eine doppelblinde, randomisierte Studie an 23 US-amerikanischen Zentren unter Leitung der Johns Hopkins University. Untersucht wurde die Wirksamkeit der Gabe von Konvaleszentenplasma mit hohem Anti-SARS-CoV-2-Spike-Protein Titer (Median 1 : 14580) zur Vermeidung einer stationären Behandlung ambulanter Patientinnen und Patienten mit COVID-19 ≥18 Jahren (medRxiv). Die Ergebnisse wurden bisher nur auf einem Preprint-Server und noch nicht in einem Fachorgan veröffentlicht.

Zwischen Juni 2020 und Oktober 2021 wurden innerhalb einer Woche nach Symptomeintritt (nach vorzeitigem Abbruch und Rekrutierung von 90 % der geplanten Stichprobe) per Zufall 1.225 Betroffene einer Transfusion von 250 ml Konvaleszentenplasma (mit Anti-SARS-CoV-2-Spikeprotein-Antikörpern) oder Kontrollplasma (ohne Antikörper gegen SARS-CoV-2) zugeteilt (Tabelle 1). In die modifizierte Intent-to-Treat-Analyse (mITT) flossen die Daten von 1.181 Teilnehmenden ein.

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Tab. 1
Basisprofil der CSSC-004-Studie (medRxiv).

Es traten keine Todesfälle auf. Im Konvaleszentenplasma-Arm wurden 17 / 610 (2,8 %), im Kontrollplasma-Arm 37 / 615 (6,0 %) Teilnehmende innerhalb von 28 Tagen stationär behandelt. Risikodifferenz und Risk Ratio betrugen 3,2 % (95 % KI 0,9 bis 5,5 %) bzw. 0,46 (95 % KI 0,26 bis 0,81). 

Der Fragilitätsindex dieser Studie liegt bei fünf  - würden fünf ambulante Teilnehmende doch stationär, oder fünf stationär Behandelte ambulant behandelt werden, würde sich der beobachtete statistisch signifikante Effekt (p=0,008) aufheben (p=0,061, ClinCalc).

Abbildung 1 zeigt die Kaplan-Meier-Überlebenszeitanalysen, Abbildung 2 die absoluten Effekte. Unter 1.000 ambulanten COVID-19-Infizierten würde eine innerhalb von sieben Tagen nach Symptombeginn durchgeführte Transfusion von 250 ml Konvaleszentenplasma im Vergleich zu einer Kontrollplasmagabe 32 stationäre Behandlungen vermeiden.

  1. Bilder Alttext

    Abb. 1 
    Überlebenszeitanalysen (Kaplan-Meier-Schätzer) der CSSC-004-Studie
    (medRxiv).

  2. Bilder Alttext

    Abb. 2
    Absolute Effekte, abgeleitet aus den CSSC-004-Daten (medRxiv). Cates‘ Plot erstellt mittels Visual Rx (https://www.nntonline.net/visualrx/).

Fazit

Die Ergebnisse der CSSC-004-Studie zur Wirksamkeit von Konvaleszentenplasma entsprechen grundlegend denjenigen der PINETREE-Studie zur Wirksamkeit von Remdesivir. Beide Interventionen reduzierten das Risiko ambulanter COVID-19-Infizierter für eine spätere stationäre Behandlung um 54 % bis 86 %, absolut jedoch nur um 3 % bis 5 %. Frühzeitige Studienabbrüche, das Fehlen tödlicher Verläufe in allen Therapiegruppen und ein marginaler Fragilitätsindex erlauben ohne eine Bestätigung durch unabhängige Studien keine eindeutige Nutzenbewertung. 

Stand: 14.01.2022